Hi Leute, wie im vorherigen Post schon kundgetan, hier der erste Teil vom Schottland Bericht. Es ist immer mehr Text geworden, naja irgendwer wirds schon lesen. Zusammen mit Konrad ging es zehn Tage in den eisigen Norden Großbritanniens. Als Wandertour hatten wir uns den East Highland Way herausgepickt. Einen sieben Tagesmarsch durch die schottischen Highlands. Von Fort Williams nach Aviemore. Die Strecke gibts erst seit 2007 und ist größtenteils unmarkiert, Abenteuer und verlaufen waren also garantiert :).
Tag 1 – Anreise
Los gehts um 9:20 Uhr von Jena Paradies mit dem Zug Richtung Berlin Schönefeld. Für mich zwar recht früh, aber deutlich entspannter als die meisten anderen Flugreisen vorher. Die gesamte Anreise verläuft recht reibungslos und ohne größere Vorkommnisse. Von Berlin gehts nach Glasgow und von dort mit dem Bus weiter nach Fort Williams. Den Bus verpassen wir fast, da wir ein wenig zu lange in der Shopping-Mall nebenan essen. Ein kurzer Sprint zum Busbahnhof, mit 13 Kilogramm auf dem Rücken, ist dann aber auch das anstrengendste was wir an diesem Tag zu bewältigen haben. Während der Fahrt können wir die saftig grünen Berge und die dunklen Seen des schottischen Hochlands bewundern. Getrübt wird die Vorfreude nur durch ein großes, neben dem Highway platziertes Warnschild: „Forecast: Heavy Rain“. Abends im Pub dann gleich noch einmal. Auf dem Fernseher läuft eine Sondersendung zum kommenden Unwetter. Schnell ein Bier geholt und sich außer Reichweite der unheilvoll aussehenden Satellitenanimation gesetzt. Mit dem Regen müssen wir uns erst am nächsten Tag rumplagen, für diese Nacht gibts nochmal ein warmes und trockenes Bett im Fassfern Guest House.
Tag 2 – Regen?
Nach einem derben schottischen Frühstück (Schinken, Würste, Bohnen, Rührei und Toast – richtig schön fettig :)) gehts zum einkaufen. Zwei Gaspatronen, drei Liter Wasser und einen Fleece Pulli für mich, weil ich meinen in Jena vergessen hab. Das restliche Essen für die nächsten sieben Tage hatten wir schon in Deutschland eingekauft. Bei den schottischen Preisen eine sehr gute Entscheidung. Kaum verlassen wir den Supermarkt beginnt es zu tröpfeln. Äußerst pünktlich, kann man nix sagen. Wasserdicht verpackt mit Regenjacke und Regenhose laufen wir los. Unser erstes Ziel ist eine alte Burgruine am Stadtrand von Fort Williams. Auf dem Weg dahin passieren wir kleine Stadthäuschen die im Vorgarten mit Kieselsteinen zugeschüttet sind. Mit grauem Himmel im Hintergrund und Dauerregen gibt das ein ziemlich deprimierendes Bild ab. Die Stimmung ist trotzdem gut, sind ja gerade erst losgelaufen und noch voller Tatendrang. Nach rund einem Kilometer sind wir auch schon an der ehemaligen Burg. Wir setzen die Rucksäcke ab und sehen uns um. Ganz hübsch und ziemlich gut erhalten das Ding. Ahja, einer der Türme wurde als Klo missbraucht… widerlich. Der kleine Umweg hat sich gelohnt, wir schießen noch ein paar Fotos und brechen zügig wieder auf.
Zurück gehts auf die Hauptstraße der wir bis zur Alcan Aluminium Schmelzanlage folgen. Von dort aus, könnte man sagen, beginnt der eigentliche East Highland Way. Wir folgen einer Schotterpiste die durch einen aufgeforsteten Wald führt. Der Weg ist nicht sonderlich schön, dafür einfach zu laufen und allemal besser als die A82 die man noch vom weitem hört. Nach rund zwei Kilometern passieren wir eine hübsche Holzbrücke auf der wir kurz halten, was trinken, und zum ersten mal die nervigen Midges zu spüren bekommen. Später mehr zu den Viechtern. Die Schotterpiste hört auf und es geht auf einem Waldweg weiter. Durch den Regen zwar ein wenig matschig aber sehr angenehm zu laufen. Der Himmel klart nun immer weiter auf und die Sonne lässt sich ab und zu blicken. Von wegen heavy rain, eher Aprilwetter. Gegen dreizehn Uhr finden wir einen Holztisch am Wegesrand und beschließen kurzerhand Mittag zu essen. Es gibt einzeln abgepacktes Vollkornbrot mit Käse und Studentenfutter zum Nachtisch. Die ersten paar Midges stören uns noch nicht weiter, aber nach fünf Minuten umkreist uns ein halber Schwarm und wir fliehen zurück auf den Wanderweg. Landschaftlich ändert sich nun nichts mehr. Wir folgen dem Weg, der sich zwischenzeitlich wieder in eine Schotterpiste verwandelt hat, passieren noch einen Lift mit dazugehöriger Downhill-Mountainbike-Stecke und gelangen schließlich, nach 18 Kilometern, an unser Tagesziel Spean Bridge.
Das kleine Dörfchen bietet einen Supermarkt und ein Bahnhofsrestaurant. In diesem lassen wir uns nieder, trinken Kaffee und essen leckeren Kuchen. Anschließend gehts an die Zeltplatzsuche. Relativ zügig, etwa fünfhundert Meter hinter Spean Bridge entdecken wir eine kleine, ebenerdige Lichtung direkt am Wegesrand. Vor dem Aufbau warten wir noch ein paar Minuten ab um die Midges-Lage zu checken. Ein paar schwirren rum, ansonsten siehts gut aus. Kaum ist der Rucksack ausgepackt und das Innenzelt aufgebaut gehts los. Als ob sie drauf gewartet hätten das wir uns hier niederlassen. Ich kann schwer sagen wie viele Fliegen uns umkreisen, hundert, zweihundert? So viele zumindest das wir immer hektischer werden. Die Viechter stechen nicht nur, sie fliegen einem auch ständig in die Augen, in die Ohren, in die Nase und in den Mund. Drecksviechter. Erschlagen bringt nix, da für jedes Vieh fünf neue spawnen. Nach ein paar Minuten ist alles aufgebaut und verstaut und wir machen uns so schnell wie möglich vom Acker.
Mit Gaskocher, Kochzeug und Tütensuppe bewaffnet gehts zurück in die Stadt. Auf einem Spielplatz lassen wir uns nieder und köcheln ein leckeres Pilzsüppchen. Auch dort gibts natürlich Midges… nicht zum aushalten, wie machen die Schotten das? Die können doch gar nicht vor die Tür gehen ohne angefallen zu werden.
Am Ende des Tages stürmen wir so schnell wie möglich in unsere Zelte. Innenzeltreißverschluß aufreißen, reinlegen und zuziehen, geschafft… Einen Vorteil haben die Viechter gegenüber Mücken, sie summen nicht und somit kann man trotz Belagerung ganz gut schlafen.
Tag 3 – Midges
Der Morgen geht genauso los wie der Abend aufgehört hat. Ein Schwarm Midges belagert die Zelte und lässt uns nur die Möglichkeit in Rekordtempo alles einzupacken. Da es geregnet hat und die Außenzelte nass sind, schnüren wir diese außen an die Rucksäcke dran und ziehen so schnell wie möglich weiter. Nach einem guten Kilometer finden wir auf einer Anhöhe, umgeben von gerodeter Waldfläche einen kleinen Schotterparkplatz. Die Sonne scheint und wir entschließen uns die Zelte zu trocknen und zu Frühstücken. Die Midges scheinen die Sonne nicht sonderlich zu mögen so das wir recht ungestört verweilen können. Leider reicht unser Wasservorat nicht mehr für einen Kaffee, die Suppe am Vortag hat das meiste aufgebraucht und wir haben vergessen es nachzufüllen. Ohne Koffein aber gut gelaunt brechen wir wieder auf. Das Wetter ist richtig schön und die Landschaft wird auch immer besser. Wir wandern jetzt durch Farmland. Sehen Kühe, Ziegen und eine Menge Schafe die entspannt auf den von Steinmauern umrandeten Weiden vor sich hin grasen. Ab und zu passieren wir die dazugehörigen Bauernhöfe und entdecken Ruinen von ehemaligen Höfen. Andere Menschen sehen wir nicht. Keine Bauern und keine weiteren Wanderer. Gegen Mittag legen wir eine zweite kurze Rast am Wegesrand ein und essen ein paar Trockenfrüchte.
Unser nächstes Zwischenziel ist Achluachrach. Laut Reiseführer soll es dort ein Restaurant geben und wir freuen uns schon diebisch auf den Kaffee am Nachmittag. Doch erst einmal müssen wir die Rucksäcke auch bis dahin schleppen. Ich fühle mich irgendwie schlapp, ohne genau zu wissen warum. Ich vermute die Suppe vom Vortag hat die Energiereserven nicht vollständig aufgefüllt. Auch die Rückenmuskeln verspannen zunehmend. Alles nicht weiter tragisch, nur nervig. Sonst gibt es keinen Grund zu meckern. Das Wetter hält und die Landschaft ist im Vergleich zum gestrigen Tag abwechslungsreich und wunderschön. Neben Höfen, Weiden und Ruinen ist das Land von einer Vielzahl kleiner Flüsse durchzogen über die rustikale Holzbrücken führen. Wir laufen durch winzige Wälder deren moosbedeckten, urigen Bäume der Abholzung entgangen sind und die seit Jahrhunderten stehen müssen. Ein Landschaftsarchitekt hätte es nicht besser hinbekommen. Nach vier Stunden, unterbrochen durch mehrere Pausen, erreichen wir schließlich Achluachrach. Auf einer Anhöhe, direkt an der Straße und etwas Abseits unserer Route befindet sich das Best Western Hotel mit Restaurant. Wir beschließen neben dem obligatorischem Kaffee noch was richtiges zu essen. Es ist zwar teuer aber auch ziemlich lecker. Neben dem Wi-Fi können auch wir die Örtlichkeiten benutzen und unseren arg zu Ende gehenden Wasservorrat wieder auffüllen.
Ausgeruht, satt und zufrieden brechen wir auf um zu unseren heutigen Tagesziel Inverlair zu gelangen. Es ist halb sechs und wir haben nur noch sechs Kilometer vor uns. Selbst mit den Rucksäcken sollten wir nicht länger als zwei Stunden für diese Strecke brauchen. Die Etappe beginnt auf einer riesigen Weide ohne richtigen Weg. Wir stapfen einfach quer drüber, vorbei an Schafen und Ziegen die sich nicht sonderlich für uns interessieren. Nach einem Kilometer gelangen wir zur Achnacochine Ruine. Die Schotten haben schon tolle Namen, könnte auch aus Südamerika stammen. Dann gehts einen Hang herunter und das erste mal ohne Brücke über einen Fluss. Der ist weder tief noch besonders schnell und es liegen auch genug große Steine im Flussbett so das die Überquerung nicht sonderlich schwierig verläuft. Durch ein Gatter gelangen wir wieder einmal auf eine Schotterpiste. Der Weg schlängelt sich am Hang entlang und führt stetig nach oben. Unser Anstieg für heute. Laut Reiseführer wandern wir jetzt auf einem „delightful forest trail“. In der Realität ist von diesem aber nicht mehr viel übrig. Ein paar einsame Kiefern stehen noch, der Rest wurde abgeholzt und befindet sich wahrscheinlich in Form von Ikea-Möbeln in deutschen Wohnzimmern. Auch gut, haben wir einen besseren Blick aufs Umland.
Eine Stunde später erreichen wir Inverlair, eine Ansammlung von drei vier Häusern und der Inverlair Lodge. Im zweiten Weltkrieg soll hier Rudolf Hess nach seiner Flucht aus Deutschland eingesperrt worden sein. Ob das stimmt ist ziemlich unklar. Wie auch immer, uns kümmert in diesem Moment nur der Fakt das wir hier unsere Zelte nicht aufschlagen können. Um uns herum ist entweder Moor oder Weide. Beides nicht sonderlich toll zum zelten. Außerdem erspähen wir die ersten Midges und davon nicht wenige. Wir beschließen noch ein Stück weiterzulaufen und uns nach einem geeigneten Schlafplatz umzuschauen.
Nun fangen die Schmerzen an. Konrad hat arge Probleme mit seinem Fuß und meine Nackenmuskeln sind komplett verkrampft. Wir jammern natürlich überhaupt nicht und laufen stramm weiter! Von der Umgebung bekommen wir immer weniger mit. Zum einem ist die Sonne untergegangen und es wird langsam dunkler, zum anderen halten wir nur noch nach potentiellen Zeltplätzen Ausschau. Leider laufen wir die ganze Zeit entlang von Weiden die immer sumpfiger werden. Nach einer halben Stunde passieren wir An Dubh Lochan, ein kleiner See der am Tag bestimmt toll aussieht. Inzwischen diskutieren wir ausschließlich darüber wo man überall zelten könnte. Da oben auf dem Hügel vielleicht? Der Wind verscheucht die Midges, aber wir müssen erst durchs Moor waten und dann da rauf… Ah nee gibt bestimmt was besseres. Vielleicht hinter dem See? Auch nicht… da grasen noch Schafe, überall liegt Kot und die Midges werden uns tot beißen. Also weiter.
Nach einer weiteren halben Stunde gelangen wir an einen kleinen Staudamm und Konrad hat keine Lust mehr. Wir finden eine trockene, halbwegs ebenerdige Stelle direkt am Damm. Ein perfekter Platz wenn die Midges nicht wären. Vermutlich haben die gleich nebenan ihr Hauptquartier. Kaum haben wir die Rucksäcke abgesetzt, hat jeder von uns schon einen Schwarm um sich kreisen. So schnell ging das noch nie… Unsere Taktik würde ich als build and run bezeichnen. Aufbauen, wegrennen, Aufbauen, wegrennen und so weiter. Damit kann man die Midges halbwegs zerstreuen und unter nicht ganz so vielen Stichen die Zelte hochziehen. Die Nacht zuvor dachte ich ja schon das wir von Midges belagert wurden, aber das war kein Vergleich zu dieser Nacht. Es müssen zehntausende gewesen sein (im nächsten Post gibts ein Video, da könnt ihr nachzählen). Belagerung hin oder her, am Ende hält das Innenzelt halbwegs dicht und nur ein paar Midges schlüpfen die Nacht über durch.
Tagchen. Das ist mal ein toller Reisebericht. Bin schon gespannt, wie es weiter geht und vor allem ob noch geklärt wird, wie man „Achluachrach“ denn richtig ausspricht. Ich verfalle zu sehr ins arabische bei dem Versuch 🙂
Sehr lustig 🙂
I don’t think the title of your article matches the content lol. Just kidding, mainly because I had some doubts after reading the article.